Aladdin 

USA, 1992

Worum geht es?

Dschafar, der Zauberer und Großwesir des Sultans, sucht in der Wüste nach einer Wunderhöhle, wo er hofft, die magische Öllampe zu finden. Er findet die Höhle schließlich, erfährt jedoch, dass nur Aladdin die Höhle betreten darf. Der Straßendieb und sein Affe Abu schlagen sich währenddessen allein durchs Leben, als sie auf die verkleidete Prinzessin Jasmin treffen, die sie aus einer brenzligen Situation retten. Aladdin verliebt sich, wird jedoch kurz darauf unter dem Vorwand, die Prinzessin entführt zu haben, ins Gefängnis gebracht, wo er den Tod erwartet. In einen alten Mann verzaubert, überredet ihn Dschafar dort im Gegenzug für viel Geld, die Wunderlampe zu holen. Bei der Höhle angekommen, kann Aladdin diese mit der Warnung, nichts anderes zu berühren, betreten. Mit Hilfe eines fliegenden Teppichs findet er die Lampe. Abu berührt jedoch einen der verbotenen Gegenstände und so schaffen sie es nur knapp zu Dschafar zurück, der sie hintergeht. Abu entwendet ihm jedoch im letzten Moment die Lampe und der Dschinni erscheint. Aladdin lässt sich aus der Höhle zaubern und in einen Prinzen verwandeln, um Jasmin für sich zu gewinnen. Im Palast erkennt Dschafar in dem Prinzen jedoch den Straßendieb, entwendet die Öllampe und wird durch den Dschninni selbst zum Sultan. Aladdin überlistet Dschafar, indem er ihn dazu bringt, sich in einen Dschinni zu verwandeln. An die Lampe gebunden, wird Dschafar in die Wunderhöhle verbannt. Aladdin schenkt dem Dschinni seine Freiheit und heiratet Prinzessin Jasmin. 

Mit welchen medialen Inszenierungstechniken erzählt das Märchen?

Die Geschichte Aladdins wird zu Beginn des Films durch eine Rahmenhandlung markiert. Ein fahrender Händler begrüßt das Publikum in Agrabah, indem er es direkt anspricht und die Kamera sogar die Perspektive der Zuschauer*innen einnimmt. So wird der Eindruck erweckt, als wäre man selbst Teil der Geschichte. 

Wie bei vielen weiteren Filmen des Disney-Konzerns ist die Filmmusik ein entscheidendes Element der Gestaltung, da die Musik mit dem Bild verschmilzt und die Wirkung auf die Zuschauer*innen verstärkt wird. Bereits in den ersten Minuten des Films wird durch das Lied „Arabische Nächte“ eine geheimnisvolle, wundersame Atmosphäre erzeugt, die die Zuschauer in der Vogelperspektive mit in die märchenhafte, fiktionale Stadt Agrabah nimmt. Durch "underscoring", also dem genauen Widerspiegeln einer Handlung innerhalb der Musik, bezieht sich diese musikalische Untermalung unmittelbar „auf das visuelle Geschehen“ und erzeugt so gewisse Stimmungen (Tiber, 2020, S. 106); dies wird vor allem bei dem Lied "Schnell Weg!" (00:07:37) deutlich, wo die Musik parallel zum Geschehen mitläuft und sich die Handlungen somit sowohl auf der visuellen als auch auf der auditiven Ebene abspielen. In Liedern wie „Nur’n kleiner Freundschaftsdienst“ (00:37:21) oder „Ein Traum wird wahr“ (00:57:57) werden die Figuren selbst durch ihren Gesang charakterisiert und geben einen tieferen Einblick in ihr Seelenleben und damit auch in ihre Träume und Wünsche. Die Zuschauer*innen können sich so teilweise mit den Figuren identifizieren und die Emotionen werden folglich verstärkt.

Weiterhin wird die Geschichte von Aladdin auch durch die farbenfrohe Gestaltung der Szenen untermalt. Neben der in Brauntönen gehaltenen Stadt Agrabah tragen die Bewohner der Stadt die verschiedensten Farben. Vor allem der Einzug Aladdins als „Prinz Ali“ (00:48:56) in den Palast beschreibt den Ort des Märchens als ein buntes, lebensfrohes Treiben von Menschen. Auffällig ist dabei auch, dass die Szenen, in denen Dschafar eine bedeutende Rolle einnimmt, oft in der Dämmerung oder Nacht dargestellt werden, was die düstere, furchteinflößende Aura des Großwesirs und Zauberers verstärkt. Darüber hinaus trägt Dschafar ein dunkles Gewand mit roten Streifen und auch sein anthropomorphisierter Papagei und Helfer Jago ist rot. Die Signalfarbe rot als sehr auffällige Farbe deutet häufig auf Gefahr hin. So ist auch die Farbwahl in der Gestaltung dieser beiden Figuren bedeutsam, da somit von Beginn an etwas Unheilvolles und Gefährliches von ihnen ausgeht. 

Zu einer weiteren medialen Inszenierungstechnik gehören auch die verschiedenen Kameraperspektiven, die vorgeben, wie das Publikum das Geschehen wahrnimmt. Im Unterschied zu einem Märchen, das gelesen wird und dem Leser damit die Möglichkeit gibt, sich die gesamte Welt und Figuren vorzustellen, kann die Wahrnehmung im Film durch die verschiedenen Einstellungen gelenkt werden. So wird die Geschichte von Aladdin meist in der Normalperspektive gezeigt und nur an bedeutenden Stellen verändert. So wird Dschafar am Ende des Films häufig aus der Unterperspektive gezeigt, was seine Überlegenheit zusätzlich deutlich macht. Gleichzeitig wird so aber auch die Wirkung verstärkt, die entsteht, als Aladdin es trotz dieser Überlegenheit schafft, ihn zu besiegen. 

Wie wird die Geschichte verändert?

Das Märchen „Aladdin und die Wunderlampe“ weist im Gegensatz zu der Disney-Adaption einige Abwichungen auf. Eine erste große Abweichung findet sich in dem Ort des Geschehens. So spielt sich die Geschichte aus dem Märchen aus 1001 Nacht in einer Stadt in China ab, während der Zeichentrickfilm des Walt Disney Konzerns Agrabah, eine fiktionale arabische Stadt, zum Ort des Geschehens macht. Im Prätext wird das Märchen von Aladdin und seiner Wunderlampe von Scheherazade erzählt, die dem Sultan jede Nacht aufs Neue, um ihr Leben zu bewahren, eine weitere Geschichte erzählt. Im Zeichentrickfilm handelt es sich bei dem Erzähler um einen fahrenden Händler, der bei dem Versuch seine Ware zu verkaufen, beim Anblick der Wunderlampe zu erzählen beginnt. 

Auch in der Beschreibung bzw. Darstellung des Protagonisten gibt es Abweichungen. So hat Aladdin im Prätext sowohl einen Vater als auch eine Mutter und wird als „Trotzkopf und Tunichtgut" (Gebert, 2005, S. 12) bezeichnet, der das Schneiderhandwerk seines Vaters nicht übernehmen will und sich gerne mit seinen Freunden auf der Straße herumtreibt. Dies, so beschreibt es der Prätext, führt sogar zum Tod seines Vaters. Andererseits wird er dennoch auch als gütige und freigiebige Person beschrieben, die im Laufe des Märchens sowohl inniglich von der Prinzessin, als auch von seinen Untertanen geliebt wird. Um den Protagonisten liebenswürdiger zu gestalten, wird Aladdin dem gegenüber im Film als gewitzter, dennoch freundlicher und gütiger Straßendieb dargestellt, der sich allein mit seinem Affen Abu an seiner Seite durch das Leben schlägt. Über Aladdins Vergangenheit erfährt der Zuschauer nichts. 

Weitere starke Abweichungen lassen sich auch in der Figurenkonstellation wiederfinden. So wird die Figur des Sohnes des Großwesirs im Zeichentrickfilm ganz ausgelassen. Im Prätext heiratet dieser die Prinzessin Badr al-Budur, wird jedoch von Aladdin mit Hilfe des Dschinnis davon abgehalten, die Hochzeitsnacht mit der Prinzessin zu verbringen und lässt sich schließlich von ihr scheiden. Damit verbunden, unterscheidet sich die Figur Dschafars stark von den Figuren aus dem Märchen aus 1001 Nacht. In der Adaption des Disney-Konzerns wird in Dschafar die Figur des maurischen Zauberers, der sich unter der Vorgabe Aladdins Onkel zu sein, dessen Vertrauen erschleicht, und die Figur des Großwesirs, der lediglich versucht, seinen Sohn mit der Prinzessin zu verheiraten, vereint. Im Prätext handelt es sich jedoch um zwei völlig separate Figuren mit unterschiedlichen Handlungssträngen.

Disney nimmt auch in Hinblick auf die Liebesgeschichte von Aladdin und Jasmin Veränderungen vor. Im Prätext erhascht Aladdin einen Blick auf die unverschleierte Prinzessin Badr al-Budur, indem er das Verbot, sich von der Straße fernzuhalten, während die Prinzessin ihr Bad nimmt, ignoriert. Er verliebt sich sofort in die liebreizende Prinzessin, jedoch nur aufgrund ihres wunderschönen Aussehens. Die Adaption des Disney-Konzerns gibt der Liebe Aladdins hier mehr Tiefe. Aladdin sieht die Prinzessin durch Zufall auf dem Markt und ist von ihr auf den ersten Blick an verzaubert. Er rettet sie aus einer gefährlichen Situation und so lernen sich die beiden etwas näher kennen, bevor Aladdin unter dem Vorwand, die Prinzessin entführt zu haben, in den Kerker geworfen wird. 

Weitere Abweichungen lassen sich in der Figur des Dschinnis wiederfinden. So existiert in dem Märchen aus 1001 Nacht nicht nur der Geist der Öllampe, sondern auch ein weiterer Geist, denn im Prätext lässt sich die Höhle der Lampe nur mit einem magischen Ring öffnen, an den ein dienstbarer Zwerg gebunden ist. Auf bildlicher Ebene wurde der Dschinni von Disney ebenfalls stark verändert. Im Prätext werden sowohl der Zwerg als auch der Dschinni als grauenvoll furchteinflößende Geister beschrieben. Dies steht in starkem Gegensatz zu dem liebenswürdigen, amüsanten blauen Dschinni, den der Zeichentrickfilm zeigt. Der Dschinni der Lampe verfügt im Prätext weiterhin über uneingeschränkte Macht; nur der Geist des Ringes kann drei Wünsche in neun Tagen erfüllen. Disney greift dies auf, da der Dschinni im Zeichentrickfilm ebenfalls nur drei Wünsche erfüllen kann. Auch auf der Beziehungsebene nimmt Disney starke Veränderungen vor. So befindet sich der Geist der Lampe im Prätext bis zum Ende des Märchens lediglich in der Funktion des Dieners; einzig der Zwerg wird von Aladdin als Dank für seine Hilfe freigesprochen. In der Adaption von Disney werden der Dschinni und Aladdin jedoch wirklich Freunde und in einer rührenden Szene nutzt er sogar seinen dritten und damit letzten Wunsch, um seinem Freund die Freiheit zu schenken. 

Der Zeichentrickfilm endet in glücklichen Hochzeit von Aladdin und Jasmin, während der Prätext die Geschichte um die Wunderlampe weiterführt, da der maurische Zauberer von Aladdins Glück erfährt, ihm durch eine List die Lampe entwendet und den Palast mitsamt der Prinzessin an einen anderen Ort versetzen lässt. Aladdin kann den Zauberer mit Hilfe des Zwerges jedoch überlisten, die Lampe zurückgewinnen und den Zauberer töten. 

Wie erkennt man die Verbindung zum Prätext?

Die Verbindung zum Prätext lässt sich anhand vieler Handlungen und Figuren in Disneys Aladdin feststellen. So ist Aladdin sowohl im Zeichentrickfilm, als auch im Prätext, eine Person, die gerne das teilt, was sie hat. Im Zeichentrickfilm wird das an der Stelle deutlich, als Aladdin das Brot, das er gestohlen hat, sofort abgibt, als er zwei hungernde Kinder sieht (siehe Bild rechts).  Im Prätext wird dies vor allem in dem Moment deutlich, als der Sultan Aladdin aus der Trauer heraus seine Tochter an den Zauberer verloren zu haben, zum Tode verurteilt und das Volk Aladdin daraufhin zur Hilfe eilt. 

Auch der Zauberer, der nach der magischen Wunderlampe sucht, findet sich in beiden Märchen wieder. Weiterhin wird sowohl in der Disney Adaption, als auch im Prätext allein Aladdin der Zutritt zur Höhle gestattet. In dem Prätext ist die Voraussetzung für den Zutritt eine reine Seele; im Zeichentrickfilm verlangt die antropomorphisierte Höhle nach einem ungeschliffenen Diamanten" (00:05:27).

Aladdin tätschelt den Kopf eines Kindes. (Musker, J. & Clements, R. (1992). Aladdin. [Film]. Walt Disney Pictures. 00:10:18)

Sowohl im Prätext als auch in der Disney Verfilmung wird der Dschinni nur durch Zufall gerufen. In dem Märchen aus 1001 Nacht möchte Aladdins Mutter die Öllampe auf dem Markt verkaufen und reibt so an der Lampe, als sie versucht den Schmutz zu entfernen. Disney greift dies auf. Hier reibt Aladdin selbst an der Lampe, um eine etwas verstaubte Schrift entziffern zu können. In beiden Fällen erscheint daraufhin der Dschinni. Im Prätext kann der Dschinni der Lampe so oft gerufen werden, wie er gebraucht wird. Allein der Zwerg des Ringes kann nur drei Mal in neun Tagen Wünsche erfüllen. Auch hier kann in dem Zeichentrickfilm die Verbindung zum Prätext hergestellt werden, da der Dschinni der Lampe nur drei Wünsche erfüllen kann. 

Weiterhin lässt sich die Verbindung zum Prätext auch daran festmachen, dass Dschafar bzw. der maurische Zauberer die Prinzessin für sich gewinnen will. Diese bleibt Aladdin jedoch in beiden Versionen treu. Sowohl im Prätext als auch im Zeichentrickfilm versucht die Prinzessin den Zauberer bzw. Dschafar abzulenken, indem sie vorgibt, es sich doch anders überlegt zu haben. Im Prätext führt diese Täuschung wirklich dazu, dass Aladdin die Möglichkeit ergreift, den Zauberer zu überrumpeln und zu besiegen; im Disney Märchen jedoch geht der Versuch schief und Aladdin gebraucht eine andere List, um Dschafar zu besiegen. 

Es bestehen viele Verbindungen zum Prätext, dennoch handelt es sich bei dem Zeichentrickfilm nur um eine lose Adaption des Märchens, da viel verändert wurde und weiterführende Handlungsverläufe ganz weggelassen wurden. 

Quellen