Der tätowierte Hund

von Paul Maar

Worum geht es?

Ein Löwe begegnet einem Hund auf dessen Reise durch den Urwald - auf seiner Haut hat er bunte Zeichnungen, von denen jede für eine Geschichte steht, wie der Löwe von ihm erfährt. Für den Preis eines Leberwurstbrotes beginnt der Hund Geschichten zu erzählen, denen der Löwe gespannt lauscht.


Eine der Geschichten, die der Hund erzählt, ist Die Geschichte vom bösen Hänsel, der bösen Gretel und der Hexe.

Wie wird die Geschichte verändert?

Wie erkennt man die Verbindung zum Prätext?

Quelle: Maar 2007: 29, Illustration: Anke Faust

"Und weißt du, was sie hinterher den Leuten erzählten?", fragte der Löwe den Hund. "Was denn?", fragte der mit großen Augen.

"Sie haben doch wahrhaftig behauptet, die Hexe hätte sie aufessen wollen! Diese bösen Kinder!" "Ich muss sagen", entgegnete der Hund, "ich habe die Geschichte nicht so erzählt bekommen. Da hörte sich alles ganz anders an, obwohl eigentlich das Gleiche geschah!"

"Aha!", macht der Löwe. "Da sieht man es wieder: Die Leute glauben viel lieber die Unwahrheit als die Wahrheit und erzählen dann ohne schlechtes Gewissen die Lügengeschichten weiter! Denn die Geschichte hat sich so zugetragen, wie ich sie dir mitgeteilt habe, dass weiß ich von jener Hexe, die sie mir anvertraut hat."

"Wenn das so ist", überlegte der Hund, "dann möchte ich gerne einmal Rotkäppchen von einem Wolf erzählt bekommen!"  

(Maar 2007: 33)

Hier sagt der Hund direkt, dass es auch andere Versionen der Geschichte gibt, betont aber, dass die erzählte Version die wahre ist! 

Außerdem wird der Bezug zu einem anderen Märchen hergestellt, was zum Nachdenken anregen kann, welche Geschichten vielleicht noch ganz anders aussehen könnten, wenn sie aus einer anderen Perspektive erzählt werden.

Ideen für den Unterricht

Die intertextuellen Bezüge in dieser Geschichte weisen eine hohe Intensität auf: Die Struktur des Prätextes wurde übernommen, Zitate aus dem Prätext werden verwendet und die Intertextualität wird sogar explizit thematisiert. Dabei tritt die ideologische Spannung des Textes zum Prätext deutlich hervor, das Märchen wird völlig anders bewertet als üblicherweise.

Durch diese Eindeutigkeit eignet sich dieser Text gut für die Behandlung im Unterricht. Die Beziehungen zwischen den Texten können thematisiert werden, wodurch eine erste Vorstellung von Intertextualität erlangt werden kann.

Dadurch, dass die Geschichte aus einer anderen Perspektive erzählt wird und auch die Charaktere verändert werden, bietet die Geschichte unterschiedliche Gesprächsanlässe an:

Das Ende der Geschichte stellt auch einen schönen Schreib- / Sprechanlass dar: Zum Beispiel könnten die Schüler aufgefordert werden, ein anderes ihnen bekanntes Märchen (zum Beispiel Rotkäppchen und der böse Wolf) aus veränderter Perspektive, und womöglich auch mit veränderter Geschichte, zu erzählen.

Quellen