Die Erbsenprinzessin

von Martin Auer

Worum geht es?

"Die Erbsenprinzessin" handelt von einem Prinzen, dessen Königreich in einer finanziellen Krise steckt. Daher wird er von seinen Eltern, dem König und der Königin, dazu angehalten, eine Prinzessin zu finden, die er heiraten kann, um durch die Hochzeit wieder Geld in die Kassen zu bekommen. Der treue Diener Truffaldino soll den Prinzen bei seiner Suche begleiten und unterstützen. Dies macht ihm der Prinz durch seine überhebliche Art allerdings sehr schwer, da der Prinz immer erst merkt, dass Truffaldino recht hat, wenn es schon fast zu spät ist. Denn alle Frauen, die er für Prinzessinnen hält, sind keine, sondern sind Gärtnerin, Lehrerin oder Polizistin. Erst als Prinz und Diener ohne Prinzessin zum Schloss zurückgekehrt sind, klopft eine Prinzessin während eines schrecklichen Sturms an die Türe des Schlosses, doch der Prinz glaubt es nicht so schnell. Diese Prinzessin erfüllt aber alle Ansprüche, die Königin und König haben. Der Truffaldino soll eine getrocknete Erbse besorgen, um die Echtheit der Prinzessin zu beweisen. Der Diener bittet dafür die zuvor getroffene Gärtnerin um Hilfe, die ihm nicht aus dem Kopf ging. Am Ende findet der Prinz seine Prinzessin, Königin und König bekommen ihre Hochzeit und sogar der schlecht behandelte Truffaldino findet sein Glück mit der Gärtnerin und kündigt seine Stelle als treuer Diener.

Wie verhält sich die neue Gattung zu Gattung Märchen?

Martin Auer beginnt seine Neuerzählung der „Prinzessin auf der Erbse“ gattungstypisch mit „Es war einmal....“. Doch im gleichen Atemzug schreibt er „Es war einmal ein Prinz, aber der war nicht der rede Wert“ (Auer, 2001, S.7). Somit relativiert er den Märchenbezug direkt. Im weiteren Verlauf der Erzählung gibt es keine Thematisierung der Gattung Märchen, trotzdem behält Auer bei seiner Fassung einige typischen Märchenmerkmale bei. 

Zum Beispiel spielt Auers Fassung ebenso in einer erfundenen Welt. Bei der Reise, die Diener und Prinz antreten, wird kein genauer Ort benannt, sondern es wird immer nur von der „Weiten Welt“ (vgl. Auer, 2001, S. 24) gesprochen. Ebenso hat man wie im typischen Märchen keine konkreten Zeitangaben. Es wird von Auer nicht genau beschrieben, wie lange die Reise des Prinzen und des Truffaldino geht oder in welchen zeitlichen Abschnitten sie die verschiedenen angeblichen Prinzessinnen treffen. 

Ebenso typisch endet auch Auer seine Neufassung des Märchens, indem er sogar direkt Anderson und sein Original zitiert. Auch wenn Auer in seiner Fassung die Originalgeschichte viel mehr ausschmückt, was sie von einem Märchen unterscheidet, baut er das Element des Gesangs ein, welches an sich wieder typisch für die Gattung der Märchen ist. Durch die kleinen Merkmale, die Auer immer wieder in seiner neuen Fassung aufnimmt, hat man das Gefühl, dass es trotz doch großer Unterschiede immer noch eine Art Märchen ist, welches nur viel ausführlicher geschrieben wurde als das Original. Durch diese Ausführlichkeit bekommt man allerdings trotzdem mehr Inhalt und Hintergrund im Vergleich zum Original von Andersen, indem alle Information nicht näher beschrieben sind, wie zum Beispiel typisch für Märchen die Charaktereigenschaften. Dies bietet Auer durch seine Ausarbeitung, wodurch man im Leseprozess mehr in der Situation ist und diese nachvollziehen kann.

Wie wird die Geschichte verändert?

Auer selbst schreibt über seine Geschichte, dass es sich um eine freie Nacherzählung handelt, die auf das Zehnfache aufgeblasen ist und um die Geschichte des treuen Dieners Truffaldino bereichert wurde (vgl. Auer, 2001).

Die Kernhandlung der Geschichte behält Auer in seiner Fassung bei: Ein Prinz, der eine Prinzessin heiraten soll. In Auers Erzählung stehen hinter diesem Vorhaben allerdings eher der König und die Königin, welche im Original von Andersen zuerst nicht erwähnt werden. Die Suche blieb in beiden Geschichten erfolglos, bis bei beiden während eines schrecklichen Sturms auf einmal eine vor der Tür des Schlosses stand. Der Prinz zweifelt durch seine Erfahrung daran, dass es eine echte Prinzessin ist, seine Mutter aber weiß in beiden Geschichten, wie sie es herausfinden. So heiratet der Prinz eine echte Prinzessin, was wieder beide Geschichten gemeinsam haben.

Allerdings unterscheiden sich die Geschichten außer in diesem Kern sehr. Auer fügt mehrere Personen hinzu, wie zum Beispiel einige Prinzessinnen, die doch keine sind. Dazu gehören die Gärtnerin, die Lehrerin und die Polizistin. Eine ebenso wichtige Person, die hinzugefügt wird, ist der treue Diener Truffaldino, welcher den Prinzen auf seiner Reise begleitet und ihn versucht, so gut es geht bei der Suche nach einer Prinzessin zu unterstützen. Dies gestaltet sich nicht als einfache Aufgabe, denn der Prinz ist sehr eigensinnig und starrköpfig. Seine eigenen Fehler schiebt er dabei immer wieder Truffaldino zu, obwohl dieser es immer versucht nur besser zu machen.

Ebenso wie durch das Hinzufügen von Figuren passt Auer in seiner Geschichte auch die Sprache und Zeit an, in der die Geschichte spielt. So sprechen die unterschiedlichen „Prinzessinnen“ in unterschiedlichen Akzenten oder es gibt Autos, welche es in Andersons Zeit noch kein Thema waren.

Zudem hat Auers Geschichte durch ausführlichere Personenbeschreibungen und eine insgesamt ausführlichere Erzählung eine tiefere Message: Der Prinz stellt einen typischen Prinzen dar, der eingebildet und verwöhnt ist und nichts allein hinbekommt. Der treue Diener Truffaldino wird schlecht behandelt und nicht bezahlt, obwohl er alles für die königliche Familie macht. Die Prinzessinnen, die gar keine sind, sind alle für sich freundlichen, lieben ihren Job, aber wollen keine Prinzessinnen sein, wenn dies bedeutet, nur zu lächeln und zu winken. Die richtige Prinzessin aber ist ebenso wie der Prinz sehr hochnäsig und fordernd.

Dadurch, dass der Prinz alle Frauen zuerst für eine Prinzessin hält, wird klar, dass jede eine Prinzessin sein könnte, egal was Königin und König für eine Prinzessin halten. Auch der Diener findet durch die Gärtnerin sein Glück und versteht, dass er kündigen und glücklich werden kann.

Auer verlagert seinen Fokus der Erzählung von dem Erbsentest hin zum Mitgefühl für den Diener und den Gedanken, dass jeder eine Prinzessin sein könnte. 

Wie erkennt man die Verbindung zum Prätext?

Die Handlung in Auers Text ist im Kern gleich zu der des Prätextes von Anderson. Die Kerngeschichte wird jegliche durch weitere Personen und genauere Ausführung der Inhalte ausgeschmückt. Personen, die sowohl im Prätext als auch in Auers Variante vorkommen, sind der Prinz, Königin, König und die Prinzessin, welche in beiden Varianten bei einem Sturm vom Schloss auftaucht.

Ebenso handeln beide Erzählungen in einer nicht genau benannten Welt, die der Prinz bereist, dabei wird allerdings nie genau benannt, wo er sich befindet.

Auer behält teilweise Merkmal der Gattung Märchen bei und zitiert zum Schluss sogar direkt aus dem Prätext von Anderson.

Auch die Erzählperspektive bleibt bei Auers Ausführung gleich, genauso wie die Adressierung, welche bei beiden für Kinder geeignet ist.

Erkennbar, dass Auers Text auf einem anderen basiert, wird bereits durch den Titel „Die Erbsenprinzessin“, der dem Original „Die Prinzessin auf der Erbse“ sehr ähnelt, genauso wie durch eine von der Geschichte separierten Beschreibung der Geschichte auf einer der ersten Seite. In dieser erwähnt Auer selbst den Bezug zum Prätext von Hans Christian Anderson. Dadurch kann man erkennen, dass der Text eine neue Fassung eines Prätextes ist, ohne den Prätext vorher zu kennen.

Die Verbindung zum Prätext wird im Text selbst nicht thematisiert, sondern geschieht rein über die Ähnlichkeiten, welche Auer beibehalten hat.

Trotz der vielen Ähnlichkeiten hat Auer auch Transformationen vorgenommen. So handelt es sich nicht mehr um ein Märchen, die Personen bekommen klare Charaktereigenschaften und die Message der Geschichte verändert sich. Auer verleiht dem Prätext eine andere Bedeutung und Message, wodurch man eher zum Nachdenken angeregt wird.

Man hat einen besseren Bezug zum Text von Auer, da dieser ihn in eine andere Zeit übertragen hat, in der es Autos gibt, der Prinz als Hobby Tennis spielt und alle Frauen, egal welchen Job sie haben, eine Prinzessin darstellen könnten, solange ein Prinz sie für eine Prinzessin hält.

Insgesamt kann man den Prätext doch sehr stark erkennen, vor allem durch den Kern der Geschichte und direkte Erwähnungen des Prätextes.


Quellen

Für diese Bearbeitung gibt es einen Unterrichtsvorschlag!