Küss den Frosch

USA, 2009 

Worum geht es?

Der Zeichentrickfilm "Küss den Frosch" (Walt Disney, 2009) handelt von Tiana, einer jungen Afroamerikanerin aus New Orleans, die durch zwei Stellen als Kellnerin versucht, ihren Kindheitstraum eines eigenen Restaurants zu erfüllen. Zur gleichen Zeit besucht Prinz Naveen von Maldonien mit seinem Diener die Stadt, um seinen Geldmangel durch eine Hochzeit mit einer reichen Frau zu beheben. Hierbei trifft er auf den Schattenmann Facilier (siehe Abb. 1), der ihm das Erfüllen seiner Träume durch seinen Voodoo-Zauber, der jedoch seinen eigenen Reichtum beabsichtigt, verspricht. Diese Falle führt dazu, dass sich Naveen in einen Frosch verwandelt, während sein Diener Lawrence die Gestalt des Prinzen annimmt, um die reiche Charlotte, die Kindheitsfreundin Tianas, zur Frau zu nehmen. Hierdurch verspricht sich Facilier, das Vermögen dieser Familie durch eine List für sich selbst zu beanspruchen. 

Naveen bittet in Froschgestalt Tiana um einen Kuss, da er diese für eine Prinzessin hält und sich davon erhofft, dass dies seine Verwandlung aufhebt. Hierfür verspricht er ihr als Gegenleistung Geld, welches Tiana als Chance für die Erfüllung ihres Restauranttraumes sieht. Stattdessen bewirkt der Kuss jedoch, dass sich auch Tiana in einen Frosch verwandelt. Auf ihrem Weg durch die Sümpfe des Bayous treffen sie auf ein Alligator und ein Glühwürmchen, welche die beiden in ihrer weiteren Reise zu der Voodoo-Frau Mama Odie begleiten, die den Zauber aufheben soll.    

Abb. 1 Küss den Frosch. USA. 2009

Mit welchen medialen Inszenierungstechniken erzählt das Märchen?

Bei der medialen Adaption des Zeichentrickfilmes "Küss den Frosch" befasse ich mich mit der Bild- sowie Tongestaltung und beziehe mich dabei insbesondere auf die Einstellungsgröße, die Kameraperspektive, die Beleuchtung und auf die Musik. 

Bei den Einstellungsgrößen sowie bei der Kameraperspektive wird unmittelbar versucht, perspektivisch Realtitätstreue zu schaffen. Sowohl die Einstellungsgrößen als auch die Kameraperspektive hängen eng mit den Figuren und ihrem Standpunkt zusammen. Betrachtet beispielsweise Tiana den Frosch Naveen, so wird ein naher Bildausschnitt in Verbindung mit der Vogelperspektive (Rüsel, 2003) verwendet. Hierdurch kann sich der Zuschauer in die jeweilige Figur leichter hineinversetzen und er erhält das Gefühl einer originellen Begegnung, als wäre er selbst "im Bild drinnen". Andersrum ist die Perspektive aus Sicht des Frosches durch die Froschperspektive (Rüsel, 2003) von unten gekennzeichnet.  Betrachtet der Zuschauer das Geschehen jedoch von außerhalb und es soll ein Überlick über die gesamte Szene gegeben werden, beispielsweise als Tiana und Naveen in Froschgestalt mit ihren zwei Begleitern durch die Sümpfe wandern, wird eine totale Einstellungsgröße verwendet (Rüsel, 2003). 

Bei der Belichtung wird deutlich, dass diese stark von der Atmosphäre und den übermittelten Gefühlen zusammenhängt. Hierbei wird eine dunkle Belichtung (Rüsel, 2003) gewählt, wenn Facilier als Antagonist auftritt und eine dramatische und düstere Stimmung erzeugt werden soll. Im Gegensatz dazu ist das Licht sonst realitätsgetreu und hell.  Insbesondere in heiteren Momenten, wie das Träumen von dem Restaurant Tianas, ist die Umgebung sehr hell erleuchtet. 

Typisch, insbesondere für Disney Verfilmungen, ist das Spiel mit der Musik.  Handlungen sowie auch Gefühle werden häufig durch die verwendete Musik ausgedrückt. Insbesondere die Protagonisten des Filmes sind diejenigen, die während des Filmes singen und damit bestimmte Gefühle und ihre Absichten ausdrücken, die anderweitig nicht mehr sprachlich wiedergegeben werden. Beispiele hierfür ist zum einen das Lied "Ganz nah dran", welches Tiana in ihrer Wunschlocation für ihr zukünftiges Restaurant singt, als sie durch das Erlangen von Geld durch ihre Backkünste ihren Träumen des Restaurants näher kommt. Auch das Lied "Wenn ich ein Mensch bin" drückt die Gefühlswelt einer Figur aus: Der Alligator Louis spricht hierbei über seinen Traum, ein Mensch zu sein, um in einer Band spielen zu dürfen. Insgesamt verstärken die Lieder zum anderen die Atmosphäre des räumlichen Settings sowie auch der jeweiligen Gefühlslage. Hierdurch wird die Empathie des Zuschauers angeregt und das Eindenken in die Figuren gelingt leichter. Auch werden Gedankengänge und Absichten der Figuren stilistisch dargestellt.

Wie wird die Geschichte verändert?

Der Zeichentrickfilm (Walt Disney, 2009) stellt eine lose Adaption an das Kinderbuch Esmeralda, Froschprinzessin (Baker, 2006) sowie an das Märchen der Gebrüder Grimm "Der Froschkönig" (1812) dar. Bei den folgenden Vergleichen werde ich mich jedoch nur auf das Märchen der Gebrüder Grimm beziehen, da dieses das bekanntere Medium darstellt.

Da es sich um eine sehr lose Adaption handelt, zeigen sich viele Unterschiede in der Handlung zwischen dem bekannten Volksmärchen und dem Disney Zeichentrickfilm. 

Hauptaugenmerk stellt die Besetzung der Hauptfiguren dar. Die Hauptrolle, Tiana, entspricht nicht der Prinzessin aus dem Märchen. Sie ist weder eine Prinzessin noch besitzt sie großen Reichtum. Stattdessen gehört sie der unteren Schicht der Arbeiterschaft New Orleans an. Sowohl sie als auch die Figur des Prinzen Naveen werden als  "people of color" bezeichnet.  Auch dieses Merkmal taucht nicht in dem Märchen auf. 

Einer weiterer Punkt stellt die Verwandlung Tianas in einen Frosch dar. Durch den Kuss mit dem Frosch wird sie ebenfalls in einen Frosch verwandelt. Hierbei erzählt ihr der verwandelte Prinz von seinem Schicksal und bittet ihr als Gegenleistung einen Wunsch zu erfüllen. Im Märchen wird zuvor von keiner Verwandlung des Prinzen gegenüber der Prinzessin gesprochen und diese küssen sich nicht noch verwandelt sich die Prinzessin ebenfalls in einen Frosch. 

In dem Märchen der Grimms (1812) verharrt die Prinzessin in ihrer menschlichen Gestalt und muss durch ihr Versprechen den Frosch gegen ihren Willen bei sich im Schloss aufnehmen. So verlangt der verwandelte Prinz zudem: "Wenn du mich liebhaben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein" (Die Gebrüder Grimm, 1812). In der Zeichentrickverfilmung wird Tiana wiederum ebenfalls in einen Frosch durch den Kuss mit dem Frosch verwandelt (siehe Abbildung 2). Um eine Rückverwandlung in ihre menschliche Gestalt zu erlangen, machen sie sich gemeinsam auf die Suche nach einer Voodoo-Zauberin. 

Abb. 2 Küss den Frosch. USA. 2009

Bei diesem Pakt zeigen sich ebenfalls Veränderungen der Geschichte. In der Vorlage der Brüder Grimm möchte die Prinzessin ihre goldene Kugel, die ihr beim Spielen damit in den Brunnen gefallen ist, wiedererlangen und lässt sich daher aus Eigennutz auf die Abmachung mit dem Frosch ein. Holt dieser ihr die Kugel aus dem Brunen zurück, verspricht sie ihm, sich auf seine Forderungen einzulassen. Der Prinz Naveen wiederum möchte einen Kuss von Tiana und bietet im Gegenzug dazu, ihr einen Wunsch zu erfüllen, der für Tiana finanzielle Mittel für die Miete ihres Wunschrestaurant darstellt. 

Im Märchen der Grimms geschieht die Verwandlung in die menschliche Gestalt nicht durch einen Kuss, sondern dadurch, dass die Prinzessin den Frosch aus Zorn gegen die Wand wirft. In dem Zeichentrickfilm kann der Zauber nur durch einen Kuss mit einer Prinzessin bis Mitternacht aufgehoben werden. Nachdem dies fehlgeschlagen ist, verharren die beiden in ihrer Froschgestalt und heiraten. Bei dem Kuss auf der Hochzeit verwandeln sie sich jedoch zurück, da Tiana durch die stattgefundene Heirat eine Prinzessin geworden ist. 

Wie erkennt man die Verbindung zum Prätext?

Zu Beginn wird zweifach auf den Prätext angespielt, indem das Märchen des Froschkönigs Tiana und ihrer Freundin in Kindesalter vorgelesen wird. Auch Naveen bezieht sich auf das Märchen, als er Tiana um einen Kuss bittet, da er abgeleitet von der Geschichte vermutet, der Zauber könnte durch den Kuss einer Prinzessin aufgelöst werden (Walt Disney, 2009). 

Sowohl Naveen als auch der Prinz des Märchens wurden durch Zauberei einer Hexe (Die Gebrüder Grimm, 1812) bzw. eines Hexers im verwandelt. Beide Prinzen schließen mit der weiblichen Hauptfigur einen Pakt, der auf gegenseitige Vereinbarungen beruht.  Sie versprechen sich für den anderen etwas zu leisten, um im Gegenzug etwas zu erlangen. Hierbei zeigen sich auch Überschneidungen:  Sowohl die Prinzessin in dem Märchen als auch Prinz Naveen des Filmes überlisten ihr Gegenüber und wissen, dass sie die Bedingungen des Paktes nicht erfüllen werden. Die Prinzessin lässt den Frosch einfach im Brunnen zurück, während Prinz Naveen weiß, dass er Tiana den Wunsch in Form des Geldes aufgrund seiner finanziellen Lage nicht erfüllen kann. Dadurch tricksen beiden Figuren ihr Gegenüber aus, um den Gefallen des Anderen zu erhalten. 

Eine deutliche Parallele zeigt sich auch in dem typischen Happy-End. Der zurück verwandelte Prinz und die Prinzessin heiraten und auch Naveen nimmt Tiana zur Frau, die daraufhin eine Prinzessin wird (siehe Abbildung 3). Dennoch zeigt sich im Vergleich zu den zahlreichen Unterschieden zwischen den zwei medialen Formen, dass es sich nur um eine lose Adaption aufgrund der wenigen Parallelen handelt. 

Abb. 3 Küss den Frosch. USA. 2009 

Quellen

Bluhm, L. (2022). Märchen als Literatur aus Literatur. Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Metzler. 

Musker, J. & Clements, R. (Regie) (2009). Küss den Frosch. Walt Disney. 

Baker, E. D. (2006). Esmeralda, Froschprinzessin. Beltz. 

Rüsel, M. (Hrsg.) (2003). Bausteine der Filmanalyse. Lmz.