Die Heinzelmännchen von Köln

Märchenhörspiel, 2020

Worum geht es?

In dem Hörbuch "Die Heinzelmännchen aus Köln" (Welbat, 2020) geht es um die kleinen Menschen namens Heinzelmännchen. Sie leben in Köln im Rhein. Vor allem sind sie sehr menschenscheu, weshalb sie nur nachts auftauchen, während die Bewohner von Köln schlafen. Ihre Aufgabe ist es, den Bürgern aus Köln die Arbeit zu erleichtern. Aber vor allem der Bäcker und der Schneider nutzen die Arbeit der kleinen Männchen aus. Während die Arbeit von den Heinzelmännchen erledigt wurde, ruhten sie sich aus. Der Bäcker riet seinen Freunden jedoch davon ab, das Geheimnis weiter zu verraten. Die Frauen der beiden Herren wurden nach einigen Tagen misstrauisch. Sie wunderten sich, wieso die Arbeit ihrer Männer leichter wurde und ihre Aufgaben im Haushalt nicht. Eines Tages entschlossen sie sich, sich nachts auf die Lauer zu legen. Die Beiden verteilten Erbsen auf dem Boden und versteckten sich. Wie jede Nacht machten sich die Heinzelmännchen an die Arbeit. Einer von ihnen klagte jedoch, dass er kein gutes Gefühl habe. Als sie schließlich in der Werkstatt ankamen, rumpelte es ziemlich laut, denn sie rutschten auf den Erbsen aus. Den Heinzelmännchen wurde klar, dass sie gesehen wurden. Sie zogen sich schnell zurück und kamen nicht wieder. 

Mit welchen medialen Inszenierungstechniken erzählt das Märchen?

Das Märchen wird auditiv dargestellt und erzählt die Geschichte von August Kopisch aus dem Jahr 1836. Besonders an diesem Hörspiel sind die Übergänge einzelner Szenen. Es gibt keinen narrativen Erzähler, welcher das Geschehen von dem Märchen allwissend umschreibt (vgl. Pöge-Alder, 2016). Sobald es einen Szenenwechsel innerhalb des Märchens gibt, wird eine musikalische Sequenz eingefügt. Diese kurze musikalische Sequenz ist fast immer dieselbe oder eine ähnliche Melodie. Nach dieser musikalischen Sequenz sprechen die Figuren des Märchens weiter. Sobald die Heinzelmännchen anfangen zu sprechen, kommt ebenfalls eine musikalische Sequenz. Hier wird erneut deutlich, dass der Ort des Geschehens innerhalb des Märchens gewechselt wird. Denn die Heinzelmännchen leben in dem Gewässer des Rheins. 

Das Hörspiel besteht ausschließlich aus Dialogen und Gesprächen von mehreren Figuren. Zwischendrin werden auch Geräusche erkennbar, die beispielsweise ein Fallen, Rumpeln oder das U-Boot der Heinzelmännchen darstellen sollen. Besonders fällt auf, dass es für jede Figur eine andere Stimme gibt. Es erleichtert einem, den Überblick zu behalten, wer gerade spricht. Zudem haben alle Charaktere unterschiedliche Stimmlagen. Der Bäcker hat eine beispielsweise tiefere Stimme als der Schneider. Da die Heinzelmännchen Unterwasser leben, hört man hier auch Hintergrundgeräusche. Sobald sie sich besprechen, hört man Blubbergeräusche im Hintergrund. Ihre Stimmen klingen außerdem verzerrt. Sie klingen nicht wie eine normale menschliche Stimme, sondern man hört, dass diese mithilfe von technischen Mitteln bearbeitet wurde.  Die Stimmen der einzelnen Heinzelmännchen unterscheidet sich jedoch überhaupt nicht. Sie klingen alle identisch. Man kann jedoch anhand ihrer Gespräche unterschiedliche Charaktereigenschaften heraushören und sie sprechen sich meistens mit ihren Namen an. Beim Zuhören erkennt man jedoch, dass sie unterschiedliche Charaktereigenschaften haben. Die Sprecher der einzelnen Figuren sprechen sehr betonend, sodass dem Zuhörer die Stimmungslage dieser Figur deutlich wird. Wenn sie verärgert sind, wird beispielsweise lauter gesprochen. 

Durch die auditive Aufnahme des Märchens entstehen individuelle Bilder zu dem Märchen. Vor allem werden diese Bilder durch die Hintergrundgeräusche ausgeschmückt und detaillierter ausgeprägt als in dem Originaltext. 

Wie wird die Geschichte verändert?

Der Originaltext von August Kopisch "Die Heinzelmännchen zu Köln" wurde im Jahr 1836 veröffentlicht und ist in Form eines lyrischen Textes geschrieben worden (EpochTimes, 2020). Das Hörbuch zu diesem Märchen wurde im Jahr 2020 aufgenommen und auf Spotify veröffentlicht. Insbesondere der zeitliche Unterschied wird erkennbar, wenn man es miteinander vergleicht. Es liegen mehr als 100 Jahre zwischen dem Original und dem aufgezeichneten Hörbuch. Der erste Unterschied, der auffällt, liegt beim Titel: Im Originaltitel wird von Kopisch (EpochTimes, 2020) die Präposition "zu Köln" verwendet und in dem Hörspiel aus dem Jahr 2020 wird "von Köln" benutzt. Hieran erkennt man die sprachliche Entstehungszeit. Generell unterscheidet sich auch die Sprache vom Original. Es werden zwar noch ein paar altmodische Worte in dem Hörspiel genutzt, allerdings wirkt sie im Gegensatz zu dem Originaltext moderner. 

In dem Märchen von Kopisch werden die einzelnen Figuren nicht bei ihrem Namen genannt, sondern nach ihrem Beruf. In dem Hörspiel bekommen fast alle Figuren einen Namen und gleichzeitig auch eine Persönlichkeit. Sogar die Heinzelmännchen haben Namen und einen Charakter in dem Hörbuch. In dem Originaltext werden sie allgemein Heinzelmännchen genannt. 

Während es einem im Hörspiel vorkommt, als sei man mitten im Geschehen, wird bei Kopisch die Handlung aus der allwissenden Erzählperspektive berichtet. Allein durch die unterschiedliche Darstellung der Handlung werden unterschiedliche Bilder beim Leser oder Zuhörer visualisiert. Durch die Figuren mit Charaktereigenschaften im Hörbuch wirken die Vorstellungen intensiver und detaillierter im Gegensatz zu Kopisch. Die Message jedoch ist sowohl im Primärtext als auch im Prätext gleich: Bei beiden wurden die Heinzelmännchen von der Neugier der Frauen vertrieben. Eine Message könnte hier sein: "Sei nicht neugierig und neidisch, denn es schadet dir selbst und anderen!". Es gibt jedoch eine zweite Message im Hörspiel. Gegen Ende wird den Männern im Hörbuch deutlich, dass sie die Heinzelmännchen nicht hätten gnadenlos ausnutzen und diese nur für sich vereinnahmen sollen. Hätten sie das Geheimnis, die Heinzelmännchen, nicht verheimlicht und ihre Frauen angelogen, wären die Heinzelmännchen nicht erwischt worden. Die zweite Moral könnte also lauten: "Teile mit anderen!" und "Nutze andere nicht für deine Arbeit aus!"

Wie erkennt man die Verbindung zum Prätext?

Es entstehen ausschließlich Verbindungen auf der imaginären Bildebene und dem Titel, da es sowohl beim Primartext (EpochTimes, 2020) als auch im Hörspiel (Welbat, 2020) keine Bilder gibt. Jedoch auch in der Handlung gibt es eine direkte Übernahme in dem Hörspiel. In beiden Medien bekommen der Bäckermeister und der Schneider die Arbeit abgenommen. Zudem ist das Ende sowohl im Primartext als auch im Paratext dasselbe: Die Frau des Schneiders wird neugierig und beschattet eines Nachts die Heinzelmännchen. Im Anschluss tauchen die Heinzelmännchen nie mehr wieder auf. Auch die Moral der beiden Texte ist dieselbe. Wie bereits im oberen Abschnitt erwähnt, wurde die Message aus Kopischs Gedicht in dem Hörspiel übernommen (EpochTimes, 2020). Es wurde sogar eine weitere hinzugefügt. Es gibt jedoch kein Zitat, das übernommen wurde. Dies ist nicht möglich, da es bei dem Hörspiel ausschließlich gesprochene Rede gibt und bei dem Prätext spricht ein lyrisches Ich, welches das Märchen aus der allwissenden Erzählperspektive erzählt. 

Die Heinzelmännchen haben zudem immer die Aufgabe, die Arbeit von anderen zu übernehmen. Zudem stellt man sie sich auf der Bildebene sowohl im Hörspiel als auch im Prätext identisch vor. Ich hatte bei beidem ein Bild von kleinen Männern, die nachts arbeiten im Kopf. Durch die vielen Reime in Kopischs Gedicht wirkt das Gedicht harmonisch und musikalisch. Gleichzeitig wird beim Hörspiel Musik verwendet, um einen flüssigen Übergang zwischen den Szenen darzustellen. Hinzu kommt, dass in beiden Märchen der Bäcker als faul dargestellt wird. Im Paratext isst er sehr viel und nutzt die Heinzelmännchen aus, um seinen Hunger stillen zu können. Auch im Paratext wird geschrieben, dass der Bäckermeister keine Not hatte, jedoch trotzdem die Heinzelmännchen herbeirief. Die Namen der einzelnen Figuren werden im Prätext nicht genannt, sie werden jedoch im Paratext dazu erfunden. Fast jeder Charakter hat dort einen Namen bekommen. Die Heinzelmännchen haben im Hörspiel auch einen Namen, während sie bei Kopisch als die Heinzelmännchen zusammengefasst werden. Der Handlungsort bleibt jedoch der Gleiche. Beides spielt, wie die Überschrift erwähnt, in Köln. 

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