Power to the princess

von Vita Murrow

Worum geht es?

Im Sammelband von Vita Murrow "Power to the princess - Märchen für mutige Mädchen", geschrieben im Jahre 2019, geht es in allen vorkommenden Geschichten um das Thema "Feminismus". Stereotype Geschlechterrollen altbewährter Märchen werden im gesamten Buch infrage gestellt. Die folgende Inhaltsangabe bezieht sich auf die Geschichte "Belle, die Mutige". Belle lebt mit ihren zwei Schwestern und ihrem Vater in einer Gegend Frankreichs. Der Vater begibt sich auf eine Reise, die durch den Verbotenen Wald führt. Als ihr Vater nach längerer Zeit nicht zurückkehrt, macht sich Belle Sorgen und begibt sich auf die Suche nach ihm. Die Suche führt sie zu einem Schloss innerhalb des Verbotenen Waldes. In diesem Schloss findet sie ein Monster sowie ihren Vater. Das Monster und Belle einigen sich darauf, dass sie anstelle ihres Vaters dort gefangen bleibt. Beide nähern sich einander an und gestehen sich ihre Liebe. Das Ausdrücken ihrer Gefühle zueinander verwandelt das Monster in einen Prinzen zurück und der Fluch der Fee ist aufgehoben. Belle zieht die Fee für dieses Verbrechen zu Rechenschaft und überredet sie, sich der Polizei zu stellen. Diesen Fall hat niemand zuvor lösen können, weshalb Belle als Polizistin eingestellt wird. Die Hochzeit von Belle und dem Monster macht sie zu einer Prinzessin.

Wie verhält sich die neue Gattung zu Gattung Märchen?

Typisch für Märchen ist, dass sie ein glückliches Ende und oft auch eine Moral haben. das Böse wird dabei immer bestraft und das Gute gewinnt. In dem Märchen "Belle, die Mutige" gibt es ebenfalls ein glückliches Ende. Belle und das Monster verlieben sich ineinander, der Fluch wird aufgehoben, Belle wird für einen guten und angesehenen Job eingestellt und es endet schließlich mit der Hochzeit. Das typische „Sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende“ findet hier ebenfalls Anklang. Hat diese Geschichte auch eine Moral? Auch das hat sie, genau wie im Prätext, verliebt sich Belle in das Monster, trotz seines äußerlichen Erscheinungsbilds. Die Moral ist also, dass innere Eigenschaften viel mehr geschätzt werden sollten, als sich an oberflächlichen Eigenschaften, wie das Aussehen, aufzuhängen. Ich denke, damit hat jeder schon persönliche Erfahrungen im Leben gemacht. Wie oft dachte ich mir, diese Person ist echt schön. Als ich jedoch gemerkt habe, wie unschön ihr Charakter und Verhalten ist, hat sich mein anfängliches Bild von dieser Person schlagartig geändert. Schönheit ist nicht gleichzusetzen mit „hübsch sein“, Schönheit ist so viel mehr und liegt im Auge des Betrachters. Ein weiteres typisches Merkmal für Märchen sind vorkommende fantastische Figuren, wie in diesem Beispiel das Monster, sowie Verzauberungen, hier der ausgeübte Fluch durch die Fee, der den Prinzen in ein Monster verwandelt hat. Es findet also ebenfalls eine ausgleichende Gerechtigkeit statt. Das Gute siegt, in diesem Beispiel die Liebe zwischen Belle und dem Monster; und das Böse wird bestraft, denn die Fee wird für ihre böse Tat zu Rechenschaft gezogen und von der Polizei festgenommen. In der Bearbeitung findet somit keine Gattungsänderung statt. Man kann sagen, dass es sich ebenfalls um ein typisches Märchen handelt. 

Wie wird die Geschichte verändert?

Großartige inhaltliche Veränderungen sind nicht zu erkennen. Am stärksten unterscheidet sich das Handeln und Verhalten der Figur „Belle“. Im Prätext fürchtet sich Belle vor dem Verbotenen Wald und wird schließlich von Wölfen angegriffen. Das Biest eilt zur Rettung und trägt sie in sein Schloss. Im Posttext wird immer wieder betont, wie furchtlos und mutig Belle doch ist. Sie empfindet weder Angst, während sie sich im Verbotenen Wald befindet, noch als sie sich alleine in das vernebelte Schloss begibt. Im Prätext wird vom „Biest“ gesprochen, während in der Bearbeitung vom „Monster“ die Rede ist. In beiden Texten fordert Belle vom Biest, ihren Vater freizulassen, allerdings empfindet sie im Prätext eine gewisse Furcht gegenüber dem Biest, die sich in der neuen Version überhaupt nicht zeigt. Vielmehr kann man erkennen, dass Belle das Monster rumkommandiert. Im Prätext treffen sich Belle und das Biest im Speisesaal, um gemeinsam zu essen, auf Befehl des Biestes. Im neuen Text treffen sich beide Figuren zufällig in der Speisekammer, um die Nuss-Nougat-Creme zu löffeln, sie löffeln diese schließlich gemeinsam. Zum Ende des Prätextes findet ein Kampf zwischen dem Biest und Gaston statt, der in der Bearbeitung überhaupt nicht auftritt. Das Biest liegt verwundet auf dem Dach, nachdem es Gaston besiegt hat. Schließlich erreicht Belle das Dach und weint um das Biest. Die Verwandlung des Biestes erfolgt, nachdem Belle sagt, dass sie es nicht verlieren möchte. In der Bearbeitung erhellt ein greller Blitz den Raum, nachdem Belle und das Monster sich ihre Gefühle zueinander gestehen. Das Monster wird in einen Prinzen zurückverwandelt, als es von goldenen Kugeln aus Licht berührt wird. 

Zum Ende hin wird der Posttext mit weiteren Elementen bestückt, die im Prätext überhaupt nicht vorkommen. Diese beigefügten Informationen zeigen die Hauptthematik des gesamten Sammelbandes, wie anfänglich bereits erwähnt, nämlich das Infragestellen der Geschlechterrollen. Belle zieht die Fee für ihre bösen Taten zur Verantwortung, sodass sich die Fee nach der Überredungskunst von Belle der Polizei stellt. Selbst ist die Frau, die keinen Mann benötigt, um Probleme zu lösen. Es geht vielmehr um Gleichberechtigung und nicht um Schubladendenken. Die Freiheit aller Figuren ist im Prätext vom Biest abhängig, sie können als machtlos bezeichnet werden, während das Biest die gesamte Macht beherrscht. Im Posttext wird das Monster von seinem Machtposten gestoßen, Belle zieht in dieser Geschichte die Strippen, ist der dominante Part und gibt den Ton an. Das Monster ist in dieser Handlung viel mehr als unterwürfig wahrzunehmen. 

Anhand der sprachlichen Gestaltung kann man gut erkennen, dass es sich um ein Märchen handelt, welches sich an kindgerechter Sprache sowie an Jugendsprache bedient. Zumindest kam mir in den Sinn, als ich "Belle, die Mutige" gelesen habe, dass sich Kinder/Jugendliche durch die Wahl der Ausdrücke eher angesprochen fühlen und die Geschichte als interessanter empfinden. Um ein paar Beispiele zu nennen: "Monster Bonster Papperlapapp" (Murrow, 2019, S.7), "Uff, stöhnte sie" (Murrow, 2019, S.7), "Sag mal geht´s noch?" (Murrow, 2019, S.8), "Bist du festgewachsen?" (Murrow, 2019, S.8), "Waaaaaaas...?" (Murrow, 2019, S.10), "Das ist aber auch krass" (Murrow, 2019, S.10) und "Manchmal war das bestimmt ganz cool" (Murrow, 2019, S.11). 

Die Veränderung der Geschichte lässt sich allerdings nicht nur auf Textebene erkennen, sondern auch auf Bildebene. Auf Seite 9 (Murrow, 2019) ist ein Bild von Belle und dem Monster zu sehen. Sie sind zueinander gerichtet und schauen sich direkt an. Dabei stützt Belle ihre Hände in die Hüfte, beugt sich leicht zum Monster und schaut ihn mit einem energischen Blick an. Sie äußert dabei folgende Aussage: "Ich lass mir doch von dir nicht drohen!" (Murrow, 2019, S.9). Diese Abbildung unterstützt die veränderte Charakterrolle von der Figur "Belle", sie ist furchtlos und mutig und lässt sich gleichzeitig nicht von einem "Mann" einschüchtern. Anhand eines anderen Bildes kann man feststellen, dass es sich um ein Märchen handeln muss, dass an die moderne Zeit angepasst wurde. Auf Seite 10 (Murrow, 2019) sieht man Belle und das Monster zusammen tanzen. Belle trägt ein gelbes Freizeitkleid mit gelb gestreiften Socken und grünen Turnschuhen. Das Monster trägt eine Jeans und ein schlichtes weißes Tshirt. Der Kleidungsstil innerhalb des Prätextes und Sekundärtextes sind sehr unterschiedlich gewählt worden.


Wie erkennt man die Verbindung zum Prätext?

Es ist direkt schon am Titel zu erkennen, dass sich das Märchen "Belle, die Mutige" auf den Prätext "Die Schöne und das Biest" bezieht. Denn sowohl im Prätext als auch in diesem Märchen handelt die Geschichte vor allem von der Figur "Belle". Der Name wird schließlich direkt aus dem Prätext übernommen. Ansonsten werden keine Perosnennamen genannt, denn das "Biest", wie es im Prätext heißt, wird in diesem Märchen "Monster" genannt, wie bereits oben schon mal erwähnt. Allerdings erkennt man anhand der Bildebene, dass es sich um das Biest aus dem Prätext handeln muss. Es sieht nämlich genauso aus, es hat Hörner, braunes Fell, einen breiten Oberkörper und zwei besonders herausstehende Zähne. Am Ende der Geschichte wird der Beiname von Belle nochmals erwähnt "Die Schöne", es wird somit noch deutlicher, dass es sich um den Prätext "Die Schöne und das Biest handeln muss. Die Verbindung zwischen diesem Märchen und dem Prätext ist also im Text selbst zu erkennen. Die Handlung ist so ziemlich die Gleiche. Es fängt damit an, dass der Vater sich auf eine Reise in den Verbotenen Wald begibt. Er möchte jeder seiner Töchter etwas von seiner Rückkehr mitbringen. Belle wünscht sich nichts Materielles, sondern eine Blume. Diese Blume ist in beiden Geschichten der ausschlaggebende Punkt des weiteren Verlaufs der Handlung. In beiden Texten pflückt der Vater eine Rose aus dem Vorgarten des Schlosses, in dem das Biest wohnt. Daraufhin wird er vom Biest gefangen genommen. Belle macht sich auf die Suche nach ihrem Vater, nachdem er längere Zeit fort ist und noch immer nicht zurückgekehrt ist. Sie gelangt ebenfalls zum Schloss und findet dort ihren Vater. In beiden Texten bleibt Belle anstelle ihres Vaters im Schloss als Gefangene. Belle und das Biest nähern sich in beiden Geschichten Schritt für Schritt an und verlieben sich schließlich. Aufgrund dieser wahrhaftigen Liebe wird der Fluch aufgelöst und das Biest verwandelt sich in einen Prinzen zurück. Am Ende heiraten die beiden Figuren. Es besteht also eine starke Verbindung und Anlehnung an den Prätext, das Meiste wurde übernommen. Es gibt im Sekundärtext ausschließlich einen Rollenwechsel zwischen Belle und dem Monster und eine kleine beigefügte Information über das Schicksal der Fee für das Ausüben des Fluches sowie die damit verbundene Karrierechance für Belle.

Quellen